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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 08.05.2009
Aktenzeichen: 9 Sa 697/08
Rechtsgebiete: ArbGG, MTV


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
MTV § 9 Ziff. 11
MTV § 16
MTV § 16 Ziff. 1 c)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 09.10.2008, Az.: 2 Ca 586/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger für den Zeitraum Juni 2006 bis 31.08.2007 die Gehaltsdifferenz zwischen der vom Kläger in diesem Zeitraum tatsächlich bezogenen Vergütung nach Gehaltsgruppe IV a) und der sich bei Vergütung nach Gehaltsgruppe V a) des Gehaltstarifvertrages für den Einzel- und Versandhandel für Rheinland-Pfalz (monatlich 510,-- € brutto) sowie nach Maßgabe der zuletzt genannten Gehaltsgruppe die Sonderzahlung für das Jahr 2006 (318,85 € brutto) sowie Urlaubsgeld für das Jahr 2007 (14,82 € brutto) zu zahlen, nachdem der Kläger diese Ansprüche schriftlich erstmals mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 17.03.2008 geltend gemacht hat. Der im Arbeitsvertrag der Parteien in Bezug genommene Manteltarifvertrag für den Einzel- und Versandhandel für Rheinland-Pfalz sieht insoweit in § 16 Folgendes vor:

"§ 16 Erlöschen von Ansprüchen

1.

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb der nachgenannten Fristen schriftlich geltend zu machen:

a)...

b)...

c) Alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Fälligkeit. 2.

Sofern die Ansprüche nicht innerhalb der genannten Fristen oder der vorgeschriebenen Form erhoben werden, verfallen sie.

..." Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens beider Parteien erster Instanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 09.10.2008, Az.: 2 Ca 586/08 (Bl. 69 ff. d. A.). Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.650,-- € brutto nebst 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.08 zu zahlen, 2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Abrechnungen über die tarifliche Sonderzahlung im November 2006 und die Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes im Mai 2007 nach Tarifgruppe G VB zu erteilen und den sich hieraus ergebenden Bruttobetrag an den Kläger zu zahlen abzüglich gezahlter 2.638,75 €. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen. Mit dem genannten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt:

Die Klage sei mit dem Klageantrag zu 2) unzulässig, da der Kläger zur Bezifferung seines Zahlungsanspruchs nicht auf einen entsprechenden Auskunftsanspruch angewiesen sei. Soweit der Kläger Vergütungsnachzahlung für den Zeitraum vom 01.06.2006 bis 31.08.2007 in Höhe von 7.650,-- € brutto begehre, sei die Klage unbegründet. Die Ansprüche des Klägers seien nach § 16 des MTV Einzelhandel erloschen. Der Kläger könne sich auch nicht auf den Einwand unzulässiger Rechtsausübung berufen. Die Berufung des Arbeitgebers auf eine Ausschlussfrist könne zwar gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen, wenn er durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Arbeitnehmer die Geltendmachung des Anspruchs erschwert oder unmöglich macht. Gleiches gelte, wenn der Arbeitgeber an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt habe, der Arbeitnehmer könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist erfüllt werde. Dies sei nach eigenem Vorbringen des Klägers nicht der Fall. Soweit der Kläger behauptet habe, es seien auch nach Abschluss des letzten Arbeitsvertrages mehrfach entsprechende Zusagen gemacht worden, sei dieser Vortrag unsubstantiiert. Auch nach dem Januar 2008 habe der Marktleiter nach eigenem Vortrag des Klägers lediglich erklärt, der Bezirksverkaufsleiter habe jetzt einer Nachzahlung zugestimmt und er werde noch dafür sorgen, dass ihm entsprechender Ausgleich gewährt würde. Für diese Behauptung sei der Kläger jedenfalls beweisfällig geblieben. Das genannte Urteil ist dem Kläger am 27.10.2008 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 24.11.2008 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 23.12.2008, auf den wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung Bezug genommen wird (Bl. 97 ff. d. A.), beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet. Der Kläger verfolgt hierbei seinen erstinstanzlichen Antrag zu 2) als nunmehr mit 333,67 € brutto bezifferten Zahlungsanspruch weiter und macht zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen geltend: Der für den Zeitraum der geltend gemachten Nachzahlung maßgebliche Arbeitsvertrag vom 24.08.2005 habe das ihm zustehende Gehalt durch Nennung der Gehaltsgruppe IV a) des Gehaltstarifvertrages nicht konstitutiv geregelt. Vielmehr handele es sich um eine Bezugnahme auf die zutreffende tarifliche Vergütung. Mit Übernahme seiner Tätigkeit in X-Stadt habe er aber die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe IV a) des Gehaltstarifvertrages erfüllt. Unabhängig hiervon sei ihm zugesagt worden, ihn rückwirkend ab dem 01.06.2006 entsprechend der Gehaltsgruppe V b) Gehaltstarifvertrag zu vergüten. Diesem Anspruch stehe auch nicht die Ausschlussklausel nach § 16 MTV Einzelhandel entgegen. Die Beklagte habe ihn durch Zusagen von der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs abgehalten. So habe der Marktleiter E. am 13.10.2006, erneut Ende 2006 und auch im Oktober 2007 erklärt, er erhalte rückwirkend ab dem 01.06.2006 Vergütung nach Gehaltsgruppe V b). Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 09. Oktober 2008, Az. 2 Ca 586/08 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.983,67 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05. Mai 2008 zu zahlen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte tritt der Berufung nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 06.02. und 06.03.2009, auf die jeweils Bezug genommen wird (Bl. 115 ff., 128 ff. d. A.) entgegen. Der Marktleiter des Betriebes in X-Stadt E. habe dem Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Zusage auf die begehrte Bezahlung erteilt. Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Berufungskammer hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschlüssen vom 27.02. und 08.05.2009 (Bl. 121, 143 d. A.) durch Vernehmung der Zeugen A., B., V., U. und D.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 08.05.2009 (Bl. 142 ff. d.A.) Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet. Soweit der Kläger im Rahmen des Berufungsverfahrens seinen erstinstanzlich zu 2) verfolgten Anspruch nunmehr beziffert und als Zahlungsanspruch geltend macht, ist die Beklagte der hierin liegenden Klageänderung nicht entgegen getreten. Diese ist auch sachdienlich. II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. 1. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche sind in Anwendung des § 16 Ziff. 1 c) des Manteltarifvertrages verfallen. Die Bestimmungen des Manteltarifvertrages wurden gemäß Ziffer 2 des für den fraglichen Zeitraum maßgeblichen Arbeitsvertrags der Parteien vom 24.08.2005 in Bezug genommen. Auch die in § 16 MTV Einzelhandel genannten Ausschlussfristen fanden somit Anwendung. Für den vorliegenden Fall maßgeblich ist die in § 16 Ziff. 1 c) MTV genannte Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit, innerhalb derer die geltend gemachten Ansprüche hätten geltend gemacht werden müssen. § 9 Ziffer 11 MTV Einzelhandel sieht vor, dass die Vergütung nachträglich am Ende des Monats ausbezahlt wird. Demgemäß trat die Fälligkeit des jüngsten des vom Kläger geltend gemachten Gehaltsvergütungsdifferenzanspruchs für den Monat August 2007 mit dem 31.08.2007 ein. Die Jahressonderzahlung ist nach § 3 Ziffer 5 des Tarifvertrages über Sonderleistungen für die Beschäftigten des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz spätestens am 30. November des jeweiligen Kalenderjahres zu zahlen. Die Fälligkeit der vom Kläger beanspruchten Sonderzahlung für das Jahr 2006 trat damit am 30.11.2006 ein. Die Fälligkeit des vom Kläger geltend gemachten Urlaubsgeldes trat nach eigenem Vortrag im Mai 2007 ein. Unstreitig erfolgte erstmals eine schriftliche Geltendmachung der genannten Ansprüche erst mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 17.03.2008 und damit erst nach Ablauf der genannten Ausschlussfrist. Die Versäumung der Ausschlussfrist ist auch nicht aus anderen Gründen unbeachtlich. Nach der von der Berufungskammer geteilten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann die Berufung auf eine Ausschlussfrist im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn der Arbeitgeber durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Arbeitnehmer die Geltendmachung des Anspruchs oder die Einhaltung der Frist erschwert oder unmöglich gemacht hat. Ebenso kann eine Berufung auf die Ausschlussfrist einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, wenn der Arbeitgeber objektiv den Eindruck erweckt hat, der Arbeitnehmer könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung der Ausschlussfrist erfüllt werde (BAG 05.08.1999 - 6 AZR 752/97 - ZTR 2000, 36; BAG 08.08.2000 - 9 AZR 418/99 - EZA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 133). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung der Berufungskammer fest, dass die Behauptungen des Klägers, der Marktleiter E. habe wiederholt zugesagt, dass der Kläger rückwirkend ab dem 01.06.2006 wie ein Abteilungsleiter vergütet werde und sein Geld erhalte, zutrifft. Es kann damit nicht angenommen werden, dass die Beklagte in Person des Marktleiters E. beim Kläger objektiv den Eindruck erweckt hat, dieser könne darauf vertrauen, dass seine Ansprüche auch ohne Wahrung der Ausschlussfrist erfüllt werden. Eine Würdigung der erhobenen Beweise in Form der Zeugenaussagen ergibt, dass für die Berufungskammer hinsichtlich der Wahrheit der vom Kläger behaupteten Tatsachen rechtserhebliche Zweifel verbleiben. Eine Tatsache ist erwiesen, wenn das Gericht von der Wahrheit der behaupteten Tatsache überzeugt ist. Hierzu ist erforderlich, dass eine Gewissheit besteht, die Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Ein bloßes Für-Wahrscheinlich-Halten reicht für die erforderliche Überzeugung nicht aus (vgl. etwa Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 286 RZ 18, 19). Die Kammer verkennt nicht, dass die vernommenen Zeugen A. und B. bestätigt haben, dass Herr E. in Gesprächen dem Kläger gegenüber geäußert habe, dass dieser das Geld in Form einer Nachzahlung bekomme. Die Zeugen haben allerdings hierbei keine Angaben dazu machen können, ob sich die von ihnen wiedergegebenen Aussagen des Marktleiters E. auf eine Vergütung nach der vom Kläger beanspruchten Gehaltsgruppe bezog, oder hierdurch ein anderweitiger, tarifunabhängiger finanzieller Ausgleich (z. B. in Form einer Zulage) in Bezug genommen war. Die Zeugen haben zur Art des Zahlungsanspruchs keine Angaben gemacht. Gegen die Behauptung des Klägers sprechen hingegen die Aussagen der vernommenen Zeugen E., C. und D.. Der Zeuge E. hat bekundet, dass es bei seinen Gesprächen mit dem Kläger nicht um die Frage tarifgerechter Vergütung, sondern um die Gewährung eines anderweitigen finanziellen Ausgleichs ging und er für die Zusage solcher zusätzlicher Leistungen der Zustimmung des Bezirksleiters bedurfte, während sich die eigentliche Vergütung ohnehin nach Tarif richte. Die Berufungskammer verkennt nicht, dass der Zeuge E. als unmittelbar Beteiligter möglicherweise ein Interesse an einem für die Beklagte positiven Ausgang des Rechtsstreits hat, wobei es auf der anderen Seite der Kammer allerdings unter Berücksichtigung der Organisationsstrukturen der Beklagten auch als plausibel erscheint, dass Vergütungszusagen von Marktleitern der Abstimmung mit der nächst höheren Stelle bedürfen. Die Darstellung des Zeugen E. findet Unterstützung in den Aussagen der Zeugen C. und D., die übereinstimmend bekundet haben, dass der Marktleiter sich mit der Bezirksleitung abstimmen musste und dem Kläger gegenüber deshalb geäußert habe, er werde sich bei der Bezirksleitung dafür einsetzen, dass der Kläger einen finanziellen Ausgleich erhalte. Angesichts dieser sich widersprechender Aussagen verbleiben bei der Berufungskammer Zweifel daran, dass dem Kläger rückwirkend zum 01.06.2006 seitens des Zeugen E. zugesagt wurde, ihn wie einen Abteilungsleiter einzugruppieren und zu bezahlen. III. Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

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